Gothaer Ratgeber Pflegegrad: Ein Rentner wird von einem Pfleger betreut.

Rat­geber Pflege­grad

Wenn es bei Ihnen oder einem bzw. einer Ihrer Ange­hörigen zu einer Situation kommt, in der eine Pflege­bedürftig­keit vorliegt, können Sie bei der Pflege­kasse einen Antrag auf einen Pflege­grad stellen und gegebenen­falls Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen. Ausschlag­gebend für den Umfang der Leistungen ist der durch eine*n Gutachter*in festge­stellte Grad der Selb­ständig­keit des Antrag­stellenden.

Wenn Sie zuvor noch nie Berüh­rungs­punkte mit dem Thema Pflege­grad hatten, kann die Vielzahl an Informa­tionen im Internet erdrückend sein. Wir wollen Ihnen in diesem Ratgeber mit präg­nanten Informa­tionen einen soliden Über­blick über die Pflege­grade ver­schaffen.

Was bedeutet Pflege­grad?

Bei den Pflege­kassen be­zeichnet man als Pflege­grad allge­mein die Ein­stufung des Antrag­stellenden in die fünf verschie­denen Pflege­grade. Durch die Pflege­reform 2017 wurden die vormals drei Pflege­stufen von den ver­schiedenen Pflege­graden abge­löst. Die Be­griffe Pflege­grad oder Pflege­stufe werden häufig noch synonym be­nutzt. Aktuell gibt es aber offiziell einzig die fünf Ab­stufungen: Pflege­grad 1, Pflege­grad 2, Pflege­grad 3, Pflege­grad 4 und Pflege­grad 5.

Die Geld- und Sach­leistungen, die man von der Pflege­kasse erhält, richten sich nach diesen Pflege­graden und dem damit festge­stellten Grad der Selb­ständigkeit des Antrag­stellenden. Als Faust­regel gilt: Je höher die Bedürftig­keit, desto höher der Pflege­grad und umso mehr Leistungen können be­zogen werden.

Wie wird der Pflege­grad er­mittelt?

Um den Pflege­grad zu ermitteln, müssen Sie zuvor einen Antrag auf Fest­stellung der Pflege­be­dürftigkeit stellen. Dieser kann von dem oder der Pflege­bedürftigen selbst oder Ange­hörigen ge­stellt werden. Zu einem vorher mitge­teilten Termin kommt ein*e Gutachter*in des Medi­zinischen Dienstes (bei gesetzlich Ver­sicherten) oder Medic­proof (bei privat Ver­sicherten) zu Ihnen oder Ihrem Ange­hörigen nach Hause. Der bzw. die Gutachter*in verfährt nach einem fest­gelegten System. Er oder sie wird bei der Pflege­begut­achtung anhand der folgenden sechs Module Punkte vergeben – und so den Pflege­grad ermitteln.

Module der Pflege­grad­be­stimmung

Modul 1: Mobilität

Modul 2: Kognitive und kommuni­kative Fähig­keiten

Modul 3: Verhaltens­weisen und psy­chische Problem­lagen

Modul 4: Selbst­versorgung

Modul 5: Be­wältigung und selbst­ständiger Um­gang mit krank­heits- oder therapie­be­dingten An­forderungen und Be­lastun­gen

Modul 6: Ge­staltung des Alltags­lebens und so­zialer Kontakte

Welche Punkte bei welchem Pflege­grad?

Insgesamt können bei der Begutachtung der pflegebedürftigen Person zwischen 0 und 100 Pflegegrad Punkte herauskommen. Für jedes Kriterium der oben aufgeführten Modulen bei der Pflegegradbestimmung werden 0 bis 3 Punkte vergeben. Bis zu 16 Kriterien beinhalten die einzelnen Module. Null Punkte gibt es, wenn die begutachtete Person eine Aktivität ohne Hilfe bzw. mit Hilfsmitteln allein bewältigen kann. Drei Punkte werden eingetragen, wenn die Person eine Aktivität gar nicht – auch nicht in Teilen – selbst ausführen kann. Oft stellt sich die Frage nach dem Pflegegrad und der Gewichtung der Punkte. Denn um einen Gesamtwert zu ermitteln, werden die einzelnen Punkte mit unterschiedlicher Gewichtung zusammengezählt. So ist beispielsweise das Modul 4, die Selbstversorgung mit 40 Prozent am höchsten gewichtet. Auch innerhalb der Module sind die einzelnen Kriterien punktetechnisch nicht gleichgestellt. Am Ende ergeben sich durch die so ermittelten Punkte die folgenden Pflegegrade:

Pflegegrad Tabelle


  • Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte
  • Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5
  • Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70
  • Pflegegrad 4: 70 bis unter 90
  • Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte

Was ist Pflegegrad 1 bis 5?

Die einzelnen Pflege­grade be­stimmen den Grad der verblie­benen Selb­ständig­keit der antrag­stellen­den Person. Es wird angezeigt, inwieweit diese beein­trächtigt ist:

  • Pflege­grad 1: Geringe Beein­trächti­gung der Selb­ständigkeit
  • Pflege­grad 2: Erhebliche Beein­trächti­gung der Selb­ständigkeit
  • Pflege­grad 3: Schwere Beein­trächti­gung der Selb­ständigkeit
  • Pflege­grad 4: Schwerste Beein­trächti­gung der Selb­ständigkeit
  • Pflege­grad 5: Schwerste Beein­trächti­gung der Selb­ständigkeit mit beson­deren Anforde­rungen an die pflegerische Versorgung

Wie kann ich einen Pflege­grad bean­tragen?

In Schriftform per Brief oder Formular, telefonisch oder über einen Pflegestützpunkt – es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Pflegegrad bei der zuständigen Pflegekasse zu beantragen. Den Pflegegrad online beantragen ist meist noch keine Option. Umfassende Informationen zum Antrag, wie dieser gestellt wird und daraus folgenden Leistungen finden Sie im Gothaer Ratgeber Pflegeantrag.

Ratgeber Pflegeantrag

Wie viel Geld gibt es bei welchem Pflege­grad?

Wie bereits erwähnt, bestimmt der Pflegegrad die Höhe der Geld- und Sachleistungen, die durch die Pflegekasse übernommen werden. Damit pflegebedürftige Personen selbst darüber entscheiden können, wie und von wem sie gepflegt werden, zahlen die Pflegekassen ab Pflegegrad 2 auf Wunsch das sogenannte Pflegegeld. Dies wird auf das Konto der/des Pflege­bedürftigen überwiesen. Diese*r kann sich so von Ange­hörigen, Freund*innen oder Ehren­amtlichen versorgen lassen und diese mit dem Pflegegeld entlohnen.

Pflegegrad Geldleistungen:


  • Pflegegrad 1: keine Leistung
  • Pflegegrad 2: 316€ monatlich
  • Pflegegrad 3: 545€ monatlich
  • Pflegegrad 4: 728€ monatlich
  • Pflegegrad 5: 901€ monatlich

Bei dem Begriff „Sachleistung“ denken viele an materielle Leistungen wie beispiels­weise einen Rollator. Dabei sind mit Sachleistungen ambulante Dienstleistungen von Pflegefachkräften gemeint. Oft wird deshalb auch der Begriff Pflegesachleistungen verwendet. So stehen Ihnen beispielsweise je nach Pflegegrad Haushaltshilfen, körperbezogene Pflegemaß­nahmen oder pflegerische Betreuungs­maßnahmen zu. Bis zu den unten aufgeführten Beträgen übernimmt die Pflegekasse die monatlich anfallenden Kosten für diese Pflege- und Betreuungs­leistungen.

Pflegegrad Sachleistungen:


  • Pflegegrad 1: keine Leistung
  • Pflegegrad 2: 724 Euro
  • Pflegegrad 3: 1.363 Euro
  • Pflegegrad 4: 1.693 Euro
  • Pflegegrad 5: 2.095 Euro

Darüber hinaus werden bis zu 40 Euro im Monat in Pflegestufe 1-5 für Pflegehilfsmittel, also Geräte und Sachmittel wie Gehhilfen und Co., von der Pflegekasse erstattet. Bis zu 25,50 für einen Hausnotruf steht ebenfalls jedem Pflegegrad monatlich zu sowie folgende Leistungen: 125 Euro Betreuungs- und Entlastungs­leistungen, bis 40 Euro für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, 4000 Euro für eine Wohnraum­anpassung (je nach Maßnahme). Befindet sich der oder die Pflegebedürftige in einer Wohngruppe, erhält er oder sie einen Zuschuss von 214 Euro.

Übernimmt ein*e Angehörige*r die Pflege und fällt aufgrund von Krankheit oder Urlaub aus, so gewährt die Pflegekasse einen Zuschuss von 1.612 Euro im Jahr für die sogenannte Verhinderungspflege.

Gothaer Ratgeber Pflegegrad: Eine pflegebedürftige Frau wird zum Thema Pflegegrad beraten

Des Weiteren bietet die Pflege­kranken­kasse folgen­de Leistun­gen:

LeistungPflege­grad 1Pflege­grad 2Pflege­grad 3Pflege­grad 4Pflege­grad 5
Tages- und Nachtpflege (monatlich)-689 €1.298 €1.612 €1.995 €
Kurzzeitpflege (jährlich) -1.774 €1.774 €1.774 €1.774 €
Vollstationäre Pflege (monatlich)-770 €1.262 €1.775 €2.005 €
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Pflegegrad Wider­spruch: Was tun, wenn der Pflege­grad zu niedrig ist?

Wurde Ihr Antrag auf Pflegegrad abgelehnt, können Sie dagegen Widerspruch einlegen. Das ist auch möglich, wenn die Einstufung Ihrer Meinung nach zu niedrig ist. Wichtig ist, dass Sie Ihren Einspruch innerhalb eines Monats nach Erhalt des Pflegegrad-Bescheids einlegen. Der Widerspruch kann formlos erfolgen, muss aber schriftlich eingereicht werden. Mehr zum Ablauf und Vorgehen bei einem Widerspruch finden Sie in unserem Ratgeber zum Pflegeantrag.

Ratgeber Pflegeantrag

Wann be­kommt ein Kind einen Pflege­grad?

Ein Kind bekommt einen Pflegegrad, wenn im Vergleich zu Kindern gleichen Alters ein erhöhter Pflege­bedarf besteht. Bei unter 18 Monate alten Kindern, die von Natur aus unselb­ständig sind, fließen bei der Begut­achtung vom Alter unabhängige Bereiche wie "Verhaltens­weisen und psychische Problem­lagen" und "Umgang mit krankheits- oder therapie­bedingten Anforde­rungen und Belastungen" mit ein. Die Begutach­tenden, die den Pflegegrad bei Kindern feststellen, sind in der Regel besonders geschult und qualifiziert.

Ab elf Jahren gibt es keine Unterschiede mehr bei der Begutachtung für den Pflegegrad. Kinder und Erwachsene werden dann gleich behandelt, weil Kinder ab diesem Alter als voll selb­ständig gelten.

Bei welchen Krank­heiten gibt es einen Pflege­grad?

Pauschal kann man keine Liste von Krank­heiten erstellen, bei denen es aus­nahms­los einen Pflege­grad gibt. Sollten Sie einen Pflege­grad nach einem Schlag­anfall bean­tragen, hängt die Genehmi­gung nicht von der Erkran­kung selbst, sondern davon ab, inwiefern durch den Schlag­anfall eine Einschränkung der Selb­ständigkeit vorliegt.

Wenn Sie im Internet Angaben zum Pflegegrad finden mit Titeln wie "Pflegegrad Demenz", "Pflegegrad nach Lungen­trans­planta­tion" oder "Pflegegrad COPD", dann können Sie diese Angaben nicht hundert­prozentig auf Ihren Fall beziehen. Denn es gibt keinen pauschalen Zusammen­hang zwischen Pflegegrad und Krankheits­bildern.

Was es jedoch gibt, sind Krankheits­bilder, die meist mit einem erhöhten Pflege­aufwand oder dem Verlust der Selb­ständigkeit einher­gehen und bei denen eine Bean­tragung eines Pflege­grades durchaus Sinn macht. Beispiel dafür sind: Diabetes, Multiple Sklerose oder Lähmungen.

Fazit

Insgesamt wird zwischen fünf verschie­denen Pflege­graden unter­schieden. Sie geben an, wie hoch der Pflege­aufwand für eine pflege­bedürftige Person ist.

Der Pflegegrad wird durch einen Gut­achter oder eine Gut­achterin nach einem festge­legten Punkte­system ermittelt. Zu den Kriterien zählen unter anderem die kognitiven, sozialen, psychischen und physischen Fähig­keiten der betrof­fenen Person.

Der festgelegte Pflegegrad ist ausschlag­gebend für Sach- und Geld­leis­tungen, auf die pflege­bedürftige Per­sonen oder Ange­hörige Anspruch haben. Wenn die Einstufung niedriger ausfällt als erwartet, besteht grund­sätzlich die Mög­lichkeit, einen Ein­spruch einzulegen.

Fragen & Ant­worten zum Pflege­grad

Wie viele Pflege­grade gibt es?

Wann wird welcher Pflege­grad ver­geben?

Welche Nach­teile hat ein Pflege­grad?

Können Ange­hörige Pflege­grade bean­tragen?

Welche Voraus­setzungen braucht man für einen Pflege­grad?

Können Familien­ange­hörige den Ent­lastungs­betrag be­kommen?

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