Bewältigung von Nachhaltigkeitsrisiken

Marianna Subow, Risikomanagerin der Gothaer, spricht im Interview darüber, warum wir Nachhaltig­keitsrisiken betrachten. Sie geht in diesem Podcast auch darauf ein, welche Risiken Versicherer betreffen und inwiefern die Daten vom Risiko­management in die Produkt­entwicklung einfließen.

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Warum betrachten wir Nachhaltigkeitsrisiken?


Wir betrachten nicht nur Nachhaltigkeitsrisiken, sondern alle Risiken. Und Nachhaltigkeitsrisiken sind ein Teil von diesen Risiken. Dabei muss man sagen, dass der Begriff Nachhaltigkeitsrisiken relativ neu ist, was aber gleichzeitig nicht bedeutet, dass die Nachhaltigkeitsrisiken neu sind. Unter Nachhaltigkeitsrisiken verstehen wir normalerweise, wie auch in der Kapitalanlage, die E-, S- und G-Risiken. Unter E-Risiken versteht man environmental Risiken, also Umwelt Risiken, dazu würde man zum Beispiel den Klimawandel fassen. S-Risiken stehen für soziale Risiken, darunter fallen dann Risiken wie eine faire Bezahlung, Versammlungsfreiheit oder Gewerkschaftsfreiheit. Und G-Risiken stehen für Governance, also die Unternehmensführung. Dazu gehören dann Punkte wie Steuerehrlichkeit.

Wie betrachtet ihr das Risikomanagement?


Allgemein identifizieren wir Risiken, indem wir schauen was gefährdend für unser Geschäft sein könnte und monitoren diese Risiken dann. Wenn wir also festgestellt haben, dass ein Risiko besteht, überwachen wir das natürlich und versuchen die Risiken weitestgehend zu quantifizieren, um zu wissen, in welchem Maß uns dieses Risiko betrifft. Wir drücken die Quantifizierung des Risikos in Euro oder auch gerne in Prozentzahlen aus, sodass man einen groben Überblick hat. In der Sachversicherung quantifizieren wir Risiken beispielsweise, um abschätzen zu können, wie stark wir uns rückversichern müssen, um das Risiko auch auf unserer Seite zu minimieren. Das ist nämlich der letzte Punkt, was wir dann machen: Wir versuchen natürlich die Risiken zu minimieren und diese gezielt einzugehen. Das Ziel ist ja nicht, keine Risiken einzugehen. Wir sind eine Versicherung, wir sind dafür da Risiken einzugehen, aber wir wollen das Ganze natürlich bewusst machen und auch steuern.

Was für Risiken betreffen Versicherer?


Zu den Umweltrisiken gehört der Klimawandel. Zum Beispiel haben sie Auswirkungen auf einen Sachversicherer, wenn man sich die letzte Flut im Ahrtal anguckt. Auch wenn mehr Schäden als sonst gemeldet werden, haben wir die Verpflichtung unseren Kund*innen gegenüber unsere Leistung zu erbringen und ihnen zur Seite zu stehen. In so einem Fall schauen wir uns an wie oft wir so eine Ahrtal-Flut erwarten oder vor allem auf den Klimawandel bezogen fragen wir uns, ob wir erwarten, dass sich die Anzahl solcher Fluten erhöht oder dass sich einfach nur die Schadenshöhe, also die Ausbreitung der Fluten, erhöht? Dementsprechend versuchen wir darauf zu reagieren, indem wir dann sowas wie den Rückversicherungsschutz auf unserer Seite anpassen.

Wenn man den Klimawandel quantifiziert, wie teuer wird dieser für euch werden?


Wir haben intern ein Modell, wie wir verschiedene Parameter quantifizieren. Wir schätzen sowas wie die Flut und die Hagelschäden. Und dann gibt es externe Datenbanken, aus denen man sich Prognosen für den Klimawandel ableiten lässt, die wir dann für unsere internen Modelle nutzen, um Abschätzen zu können, wie hoch beispielsweise die erwarteten Flutschäden im Jahr 2030 sein werden. Was genau in den Datenbanken steht, ist sehr unterschiedlich. Meistens ist es eher so, dass da beispielsweise drinnen steht, dass erwartet wird, das die Schadenssumme in zehn Jahren um 80 Prozent steigt. Die externen Datenbanken basieren meistens auf einem Index, der beispielsweise aussagt, dass sich die Schadenshöhe im Vergleich zu 2017 und 2018 um 20 Prozent /60 Prozent/80 Prozent oder um 5000 Prozent erhöhen wird und dann muss man in seinem Modell noch selber sowas wie die Inflation oder gesteigerte Kosten mit einbringen.

Mit einem Blick auf die Datenbanken: Wie dramatisch ist es?


Es gibt verschiedene Modelle und verschiedene Klimapfade. Es kommt darauf an, was ich erwarte, wie sehr sich die Erde erwärmt. Es macht natürlich einen Unterschied, ob ich jetzt glaube, dass wir bis 2050 die Erderwärmung auf unter zwei Grad beschränken können oder ob wir sie bis dahin nur auf unter drei Grad beschränken können. Und je nachdem fallen diese Prognosen natürlich auch sehr unterschiedlich aus. Ich muss die Datenbanken auch selber interpretieren und überlegen, was ich in unsere Modelle einfließen lasse. Vorher stimmen wir uns ab, was wir für Szenarien überhaupt rechnen wollen, also was für einen Klimapfad wir verfolgen wollen.

Welchen Klimapfad verfolgt ihr?


Wir haben drei verschiedene Klimapfade verfolgt. Wir haben gesagt, dass wir glauben, dass sich die Erderwärmung auf unter zwei Grad beschränken lässt. Dann haben wir gesagt, dass sich die Erderwärmung bis 2050 zwar auf unter zwei Grad beschränken lässt, aber wir nicht erwarten, dass diese Maßnahmen heute in Kraft treten, sondern erst 2030, sodass dann man einen Sprung in seiner Projektion hat. Und einmal haben wir gesagt, dass wir erwarten, dass die Erderwärmung nicht auf zwei Grad beschränkt werden kann, sondern dass es sich in dem Maße erwärmt, wie wir es aktuell sehen und dann würden wir am Ende ungefähr bei drei Grad landen. Das waren die drei Wege, die wir gegangen sind.

Fließen die Daten vom Risikomanagement in die Produktentwicklung rein?

Die Produktentwicklung kann was mit unseren Ergebnissen anfangen und das ist natürlich das nächste. Wir berechnen die Risiken und sprechen im Anschluss mit unseren Kolleg*innen. Im nächsten Schritt gehen die Ergebnisse natürlich in die Produktentwicklung, und dann wieder zurück an die Fachbereiche. Da wird mit der Rückversicherung über den neuen Rückversicherungsschutz diskutiert. Also die Ergebnisse verpuffen nicht, sondern werden intern genutzt.

Wirkt sich das Engagement der Nachhaltigkeitsmanager*innen positiv auf eure Risikomodelle aus?


Unsere Risikomodelle berücksichtigen so etwas nicht. Im Risiko gehen wir immer vom schlimmsten Fall aus. Also nicht vom schlimmsten Fall, aber wir betrachten nur das, was wir aktuell sehen. Dass Versicherer sich stärker für Nachhaltigkeit einsetzen, haben wir insofern schon in unserem Modell drinnen, indem wir sagen, dass wir glauben, dass die Erderwärmung sich nicht auf über 2 Grad erwärmt. Das wäre dann ja quasi schon dieser positive Fall.

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