Der ehemalige Hauptsitz der Gothaer in Gotha von innen

Versicherungspaläste der Gründerzeit

Versicherungsgebäude symbolisierten Stabilität und Kapitalkraft

Königsallee, Kaiser-Wilhelm-Ring, Kurfürstendamm, Kaiserstraße – das waren die Adressen nicht nur für Nobelgeschäfte und große Modehäuser, sondern auch für Versicherungsgesellschaften. Sie trugen mit ihren Repräsentativbauten wesentlich zum Erscheinungsbild der Stadtzentren bei. Und wenn am Abend die Lichter angingen, dann leuchteten die großen, bekannten Namen von den Fassaden.

Prachtbauten: Garanten von Sicherheit und Wohlstand

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Versicherungswirtschaft in Deutschland einen sagenhaften Aufschwung. Mit dem Höhepunkt der industriellen Revolution, der neue, ungeahnte Risiken mit sich brachte, entstand immenser Versicherungsbedarf. Neugründungen von Unternehmen waren die Folge. Steigende Beitragseinnahmen und somit auch steigende Versicherungsleistungen erforderten die Bildung hoher Rücklagen und Reserven.

Immobilienbesitz war eine beliebte Anlageform, die selbst bei Eigennutzung noch gute Rendite versprach; darüber hinaus Sinnbild für Stabilität, Seriosität und Kapitalkraft. Versicherungspaläste entstanden, mit denen man auf Briefbögen, Ansichtskarten, Broschüren und Werbeprospekten seine Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit demonstrierte.

Das ist heute anders. Prachtbauten in Innenstädten sind nüchternen Zweckbauten in peripheren Gebieten gewichen. Das ist einerseits kostengünstiger und andererseits rufen Versicherungspaläste heutzutage beim Kunden nicht mehr Bewunderung, sondern Missmut hervor. So manche stolze Immobilie wurde veräußert und wieder angemietet – eine Anlageform ist im Wandel.

Auch die Innenarchitektur der Versicherungspaläste beeindruckt

Ende des 19. Jahrhunderts hatte das stolze Bürgertum den Wunsch nach kultureller Repräsentation und griff auch in der Architektur auf historische Baustile zurück. Das 1894 fertiggestellte ehemalige Verwaltungsgebäude der Gothaer Lebensversicherung in Gotha spiegelt den Geist dieser Zeit, auch Gründerzeit genannt, wider.

Das Treppenhaus mit dem dreiteiligen Relief des Leipziger Bildhauers Adolf Lehnert nimmt Stilelemente von Renaissance und Romanik auf. Als Direktionssitz der ersten deutschen Lebensversicherungsgesellschaft, der Gothaer Lebensversicherungsbank, sollte es rein äußerlich schon solide Sicherheit ausstrahlen. Lange Jahre beherbergte das Gebäude das Museum der deutschen Versicherungswirtschaft und heute das Deutsche Versicherungsmuseum. Das Entree beeindruckt auch jetzt noch immer wieder die Besucher.

Der ehemalige Hauptsitz der Gothaer in Gotha von innen